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Künstliche Intelligenz in der Projektionsradiographie – Chancen und Grenzen

Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt heute auch die Projektionsradiographie (konventionelles Röntgen): von der Bildqualitätssicherung bis zur Detektion häufiger Pathologien. Richtig eingesetzt beschleunigt KI Workflows, erhöht die diagnostische Sicherheit und dient als „zweiter Leser“ – ersetzt aber nicht die ärztliche Beurteilung.

Aktuelle Einsatzgebiete

  • Frakturerkennung an Extremitäten, Schulter, Becken; Rippenfrakturen im Thorax-Status.
  • Thorax-Röntgen: Triage/Detektion von Pneumonie, Tuberkulose (CAD), Pneumothorax, Pleuraerguss.
  • Qualitätssicherung: Lagerungscheck, Rotations-/Atemartefakte, abgeschnittene Areale, Belichtung.
  • Workflow & Triage: Priorisierung auffälliger Studien in der Befundliste.
  • Mess- & Befundhilfen: Winkel-/Abstandsmessungen, Serienvergleich (Change Detection).

Nutzen im klinischen Alltag

  • Schneller: automatische Vorsortierung, Hinweise bei kritischen Befunden.
  • Sicherer: Reduktion von Übersehungsfehlern (v. a. bei hoher Fallzahl/Nacht).
  • Konstanter: standardisierte Bildqualität und Messungen.
  • Ausbildung: unmittelbares Feedback für Lernende mit „Heatmaps“/Hinweisen.

Grenzen & Risiken

  • Kontextarmut: KI erkennt Muster, kennt aber klinische Gesamtsituation nicht.
  • Automation Bias: Gefahr, Hinweisen zu viel Gewicht zu geben.
  • Domänen-Shift: Leistung kann bei anderen Geräten/Populationen abfallen.
  • Regulatorik & Datenschutz: CE/FDA-Status, Datenspeicherung, Auditierung.

Best Practice: So integrierst Du KI sinnvoll

  1. PACS/RIS-Integration mit klarer Kennzeichnung von KI-Hinweisen (Overlay/Flag).
  2. Human-in-the-loop: Radiolog:in bestätigt, korrigiert oder verwirft KI-Vorschläge.
  3. Lokal validieren: vor Rollout auf Eurem Geräte-/Patientenmix testen.
  4. QM & Monitoring: laufende Qualitätskennzahlen, Fehlermeldungen, Updates dokumentieren.
  5. Ausbildung: Lehrfälle mit KI-Visualisierungen in swissdiagnostic.ch einbinden.

Übersicht: Einsatzgebiet vs. Mehrwert

Einsatzgebiet Typische KI-Funktion Konkreter Mehrwert
Thorax-Röntgen Detektion (Pneumothorax, Pneumonie, TBC/CAD), Priorisierung Schnellere Triage, mehr diagnostische Treffer bei unklaren Befunden
Extremitäten/Becken Frakturerkennung, Heatmaps Weniger Übersehungen bei feinen/okkulten Frakturen
Qualitätssicherung Lagerungs-/Belichtungsprüfung, Artefakterkennung Weniger Wiederholungsaufnahmen, konstantere Qualität
Serienvergleich Change Detection, halbautom. Messungen Objektivere Verlaufskontrolle, Zeitgewinn

Ethik, Recht & Transparenz

KI-Empfehlungen müssen nachvollziehbar dokumentiert werden. Patienteneinwilligung, Datenschutz (DSG/DSGVO), Bias-Checks und die klare Verantwortlichkeit der Befundung bleiben zentral. KI ist ein Assistenzsystem, keine Entscheidungsinstanz.

Zukunftsperspektiven

Mehr Geräte-integrierte Assistenzen, bessere Generalisierbarkeit, Verbindung mit Lehrplattformen und simulationsbasiertes Training. Mittelfristig wird KI zum Standard-Tool der Projektionsradiographie avancieren – mit Radiolog:innen in der Supervison.

Zusammenfassung

KI ist in der Projektionsradiographie angekommen. Sie erhöht Effizienz und Qualität, wenn sie validiert, transparent und unter ärztlicher Aufsicht eingesetzt wird. Für Ausbildung und Alltag bietet sie einen klaren Mehrwert – ersetzt die ärztliche Expertise aber nicht.

Literatur (Auswahl)

  1. European Society of Radiology (ESR). What the radiologist should know about AI. Insights Imaging; Positionspapiere, Updates seit 2019.
  2. WHO. Use of chest radiography in TB screening with computer-aided detection (CAD). Policy & operational guidance, 2021 ff.
  3. van Leeuwen KG, et al. Artificial intelligence in fracture detection on radiographs: systematic review. Skeletal Radiol 2022.
  4. Lundervold AS, Lundervold A. An overview of deep learning in medical imaging. Comp Vis Image Underst 2019 (Grundlagen, weiterhin relevant).
  5. RSNA/ACR Ressourcen zu KI-Workflows, Triage und Qualitätssicherung in der Radiologie (fortlaufend aktualisiert).
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